UPDATE ZU DEN AKTIVITÄTEN DES IIV MIKROFINANZFONDS IN MYANMAR
Am 1. Februar 2021 hat in Myanmar das Militär durch einen Staatsstreich die Kontrolle übernommen. Dadurch ist die Macht an den Oberbefehlshaber der Streitkräfte übergegangen und eine zehnjährige Phase des demokratischen Wandels im Land vorerst beendet worden. In unserem Kommentar im Februar haben wir ausführlich zu den Auswirkungen und Maßnahmen im Rahmen der Corona-Pandemie sowie zum Portfolio des IIV Mikrofinanzfonds berichtet. Nun geben wir ein Update.
Aktuelle Entwicklungen
Laut Informationen von unseren Partnern vor Ort gehen Aktivitäten der Bewegung des zivilen Ungehorsams (CDM, engl. Civil Disobedience Movement) und die täglichen Proteste weiter. Dies führt zu Bankschließungen, Stilllegung von Fabriken, Störungen in Krankenhäusern und einem Abbau der Kapazitäten im öffentlichen Dienst. In vielen Bankfilialen kommen Angestellte aus Sicherheitsbedenken oder Protest nicht zum Arbeitsplatz. Bei den von uns refinanzierten Mikrofinanzinstituten (MFIs) wurden einige Filialen geschlossen, aber nur für wenige Tage direkt nach dem Putsch und hauptsächlich aus Sicherheitsgründen. Nach unserem Kenntnisstand sind im Moment alle Filialen dieser MFIs in Betrieb. Nachdem seit dem 1. Februar von der Militärregierung immer wieder Mobilfunk- und drahtlose Internetverbindungen eingeschränkt wurden, sind diese nun seit dem 2. April im Land ganz unterbrochen.
Nach Angaben der Vereinten Nationen haben Sicherheitskräfte seit dem Militärputsch mindestens 782 Personen, insbesondere im Rahmen der gewaltsamen Unterdrückung von Demonstrationen, getötet. Gleichzeitig befinden sich mehr als 3.740 Menschen in Haft, wobei von vielen der genaue Aufenthaltsort unbekannt ist. Laut diesen Angaben sind 86 Menschen in Geheimprozessen verurteilt worden, davon 25 zum Tod.1
Die Haushaltslage Myanmars ist zunehmendem Druck ausgesetzt. Der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert derzeit einen Rückgang des BIP um 8,9 Prozent im Jahr 2021. Bereits im Jahr 2020 lag die BIP-Wachstumsrate bei 3,2 Prozent (2019 waren es noch 6,8 Prozent). Gleichzeitig geht der IWF davon aus, dass die Inflation aufgrund höherer globaler Nahrungsmittel- und Treibstoffpreise und innenpolitischer Instabilität auf 6,5 Prozent steigen wird (2020 waren es 2 Prozent).2
Auswirkungen im Bereich Mikrofinanz
Der Mikrofinanzmarkt ist ebenfalls von den Auswirkungen des Putsches betroffen. Umfragen von Livelihoods and Food Security Fund (LIFT), eine Organisation in Myanmar, die sich auf die Sicherung nachhaltiger Existenzgrundlagen benachteiligter Menschen fokussiert, geben erste Einblicke über die Auswirkungen des Putsches auf MFIs. Demnach hatte die Mehrheit der MFIs Schwierigkeiten bei der Durchführung internationaler Überweisungen und bei der Umwandlung von Myanmar Kyat (MMK, Währung Myanmars) in US-Dollar. Zudem ist der Wechselkurs gegenüber dem US-Dollar gestiegen. Am 1. Februar 2021 war ein US-Dollar noch 1.310 MMK wert, heute sind es über 1.540 MMK.3 Die meisten MFIs befinden sich jedoch aufgrund der geringeren Auszahlungen und der gleichzeitig reduzierten Kundennachfrage in einer stabilen Liquiditätslage.
Um die MFIs weiterhin in dieser Situation zu unterstützen, sind alle internationalen Kreditgeber in stetigem Kontakt mit diesen. Sie betonen in den regelmäßig virtuell stattfindenden Treffen, an denen auch Invest in Visions teilnimmt, dass sie den Sektor der finanziellen Inklusion in Myanmar weiter unterstützen wollen. Dies bedeutet, dass sie Möglichkeiten der flexiblen Lösungen wie Stundungen in Betracht ziehen, um auf die Bedürfnisse der MFIs zu reagieren. Die an dem Treffen beteiligten Institutionen der Entwicklungsfinanzierung wiesen zudem darauf hin, dass keine der neuen internationalen Sanktionen private Investitionen in Mikrofinanz zur Unterstützung der Bevölkerung von Myanmar blockiert habe.
Auswirkungen auf das IIV-Portfolio
In der Länderdiversifikation des IIV Mikrofinanzfonds macht Myanmar mit einer Investitionssumme von 4,5 Millionen Euro derzeit 0,47 Prozent des Fondsvermögens aus.4 Im Vergleich zu Februar hat sich dieser Wert reduziert (damals waren es 6 Millionen Euro und 0,67 Prozent des Fondsvermögens), da wir zwischenzeitlich eine Rückzahlung eines MFI erhalten haben. Dies ist ein positives Signal, was auf eine starke Rückzahlungsdisziplin unter den lokalen MFIs hindeutet, selbst in solch schwierigen Zeiten. In Myanmar bestehen Darlehensverträge mit zwei MFIs, dem MFI LOLC Myanmar Microfinance Co Ltd und dem MFI Alliance for Microfinance in Myanmar. Mit den MFIs vor Ort sind wir weiterhin im engen Austausch, um auf Herausforderungen, die aus aktuellen Entwicklungen resultieren, gemeinsam reagieren zu können. In unserem regelmäßig stattfindenden Portfoliorisikokomitee und gemeinsam mit unseren Partnern analysieren wir die Lage immer wieder.
Der Mikrofinanzsektor in Myanmar hat ein großes Wachstumspotenzial. Wie wir von unseren Partnern erfahren, steigt die Nachfrage an Finanzierung von Seiten der Endkreditnehmer:innen, da gerade zum Beispiel die neue landwirtschaftliche Saison startet. Invest in Visions ist daher im Austausch mit weiteren MFIs vor Ort, um auf eine steigende Finanzierungsnachfrage reagieren zu können. Neue Investitionen werden jedoch erst getätigt, wenn die politische Lage besser einzuschätzen ist.
1 Das Statement der Vereinten Nationen vom 11. Mai 2021 findet sich hier.
2 Der umfassende „World Economic Outlook” von April 2021 findet sich hier.
3 Stand 15. Mai 2021.
4 Stand 4. Mai 2021.