SME-Finanzierung in den Emerging Markets – Teil 1

14. April 2021 Moritz Isenmann Senior Impact and Sustainability Manager

600 Millionen neue Jobs müssen bis 2030 in den Entwicklungsländern geschaffen werden, um einer schnell wachsenden Bevölkerung ein Auskommen zu sichern. Wie soll das gelingen? Unter anderem dadurch, dass man kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) fördert, die wiederum für Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze sorgen. Was man unter KMU versteht, welchen ökonomischen Stellenwert sie haben und wie es um die Finanzierung solcher Unternehmen in den Emerging Markets bestellt ist.

Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) werden oft als das „Rückgrat der Wirtschaft“ bezeichnet, in Bezug auf die westliche Welt ebenso wie im Hinblick auf die Länder des „globalen Südens“.

Aber was genau ist eigentlich ein KMU bzw. SME (Small and Medium-sized Enterprise)? Die am Besten verfügbare und gebräuchlichste Kennzahl zur Kategorisierung von Unternehmen ist die Anzahl der Mitarbeiter. Manchmal wird auch der Jahresumsatz herangezogen, seltener die von kleinen und mittelständischen Unternehmen benötigte Darlehensmenge. Die einschlägigen Schwellenwerte werden von Land zu Land unterschiedlich festgelegt. Das ist durchaus sinnvoll, da es große Unterschiede hinsichtlich des wirtschaftlichen Entwicklungsstands der Länder, der Marktintegration etc. gibt.

In der Europäischen Union werden Unternehmen mit 10 bis 249 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von bis zu 50 Millionen Euro zu den KMU gezählt. Für die Weltbank und ihre privatwirtschaftliche Schwestergesellschaft, die International Finance Corporation (IFC), gehören Unternehmen bis zu 300 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von maximal 15 Millionen US-Dollar dazu. In vielen Entwicklungsländern wird die Obergrenze für mittelständische Unternehmen hingegen oft (wenn auch nicht immer) bereits bei 99 Mitarbeitern gezogen. Relativ stabil ist die Abgrenzung „nach unten“, d.h. zu den Mikrounternehmen, für die in den meisten Ländern bis zu 9 Mitarbeiter veranschlagt werden, selbst wenn es auch hier Abweichungen gibt.¹

Geht man nach der reinen Anzahl, sind KMU ein relativ schmales Segment in der Unternehmenslandschaft der meisten Ökonomien. Um die 10 Prozent machen KMU in den meisten Ländern aus, oft auch weniger, selten hingegen mehr. Das gilt für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union ebenso wie für die Emerging Markets. Die allermeisten Unternehmen, d.h. ca. 90 Prozent, sind – hier wie dort – Mikrounternehmen. Große Unternehmen wiederum machen nur in wenigen Fällen mehr als ein halbes Prozent aus.

In Deutschland beispielsweise haben 10,8 Prozent der Unternehmen zwischen 10 und 250 Mitarbeiter und gehören damit zur Gruppe der KMU, während 88,7 Prozent Mikrounternehmen und 0,5 Prozent große Unternehmen sind. In Frankreich sind nur knapp 5 Prozent der Unternehmen KMU. Hier ist das Mikro-Segment mit 95 Prozent größer, während große Unternehmen sogar nur 0,14 Prozent ausmachen.

In den Emerging Markets ergibt sich ein ähnliches Bild: In Ecuador und Bosnien-Herzegowina sind 9 Prozent der Unternehmen KMU, in Kolumbien 6,7 Prozent und in Bangladesh 11 Prozent.

In den meisten Ländern stellen sie trotz ihrer relativ geringen Anzahl rund ein Drittel der Arbeitsplätze und des von Unternehmen geschaffenen Mehrwerts. Dies ist beispielsweise in Bangladesh, Costa Rica oder Guatemala der Fall. In Deutschland sind es 44 Prozent der Arbeitsplätze und 39 Prozent des privatwirtschaftlichen Mehrwerts. Auf diese Werte kommen die meisten Schwellen- und Entwicklungsländer nicht, abgesehen von Bosnien, wo 43 Prozent der Arbeitsplätze und sogar 44 Prozent des Mehrwerts auf das Konto von KMUs geht.

KMU sind also, das kann man auf der Grundlage dieser Daten sagen, Job- und Wachstumsmotoren. Ist ihr Potential mit den genannten Werten bereits ausgeschöpft oder können sie noch mehr zu Beschäftigung und Wohlstand beitragen? Und wie stark sind KMU von der Covid-19-Krise betroffen?