Anstieg von Armut und Ungleichheit: die sozialen Folgen von Covid-19 in den Entwicklungsländern

Erstmals seit fast 25 Jahren steigt extreme Armut wieder an. Bis zu 163 Millionen Menschen werden Schätzungen zufolge aufgrund der Covid-19-Pandemie von weniger als 1,90 US-Dollar am Tag leben müssen. Die Ungleichheit nimmt in den Entwicklungsländern ebenfalls wieder zu. Aber es gibt auch Gegenmittel.

Die Bekämpfung extremer Armut war – trotz aller Einschränkungen – eine Erfolgsgeschichte der vergangenen drei Jahrzehnte. Lebten 1990 rund 36 Prozent der Weltbevölkerung, d.h. fast 2 Milliarden Menschen, unterhalb der Armutsgrenze von 1,90 US-Dollar am Tag, war dieser Anteil im Jahr 2017 (zum Zeitpunkt der letzten offiziellen Schätzung) auf 689 Millionen Menschen bzw. 9,2 Prozent der Weltbevölkerung gefallen. Im SDG-Bericht der Vereinten Nationen für das Jahr 2019 wurde zwar festgehalten, dass man bei damaligem Fortschrittstempo das Ziel, extreme Armut bis 2030 vollständig zu beseitigen, verfehlen würde. 6 Prozent der Menschheit würden weiterhin von extremer Armut betroffen sein. Doch machte der Blick in die Vergangenheit Mut. Das Ende extremer Armut war zumindest in Reichweite.

Die Corona-Pandemie hat dies geändert und die Welt im Kampf gegen Armut wieder weit zurückgeworfen. Mehrmals musste die Weltbank in den vergangenen Monaten ihre einschlägigen Prognosen nach oben korrigieren. Die neuesten Berechnungen vom Januar 2021 besagen, dass es durch die Covid-19-Pandemie bereits im Jahr 2020 zwischen 119 und 124 Millionen neue Arme gegeben hat. Für dieses Jahr wird damit gerechnet, dass deren Anzahl auf 143 bis 163 Millionen ansteigen wird. Die meisten der betroffenen Menschen leben in Südasien und Subsahara-Afrika.

Einkommensschwache Menschen werden von der Krise so hart getroffen und fallen in derart großer Zahl unter die Armutsgrenze, weil sie kaum Rücklagen haben, von denen sie zehren könnten. Zugleich werden ihnen durch die Allgegenwärtigkeit des Virus und die universelle Anwendung von Gegenmaßnahmen die wichtigsten Bewältigungsstrategien genommen. Wenn es zu lokalen Missernten oder dem Verlust der Beschäftigung durch Krankheiten etc. kommt, können meist Familienmitglieder oder Freunde den Einkommensverlust durch eigene Mehrarbeit ausgleichen bzw. von einem anderen Ort Geld zur Überbrückung schicken. Dies ist nun nicht mehr möglich, da alle Personen und alle Orte gleichermaßen von den Einschränkungen betroffen sind.

Neben der Armut nimmt auch die Ungleichheit innerhalb der Länder in den Emerging Markets wieder zu, wie der Internationale Währungsfonds (IWF) im Oktober letzten Jahres vorgerechnet hat. Denn Arbeiter, die in Sektoren mit niedrigem Einkommen beschäftigt sind, haben weit seltener die Möglichkeit, vom Home-Office aus zu arbeiten, als Menschen mit hohem Einkommen. Daher verlieren sie auch zu einem höheren Anteil ihre Arbeit. Der Gini-Koeffizient, mit dem Ökonomen den Grad der Ungleichheit in einer Gesellschaft messen, wird für die Entwicklungsländer vermutlich auf 42,7 ansteigen und damit ein vergleichbares Niveau wie zur Zeit der Wirtschaftskrise 2008 aufweisen. Das bedeutet, dass die Pandemie die Fortschritte zunichtemachen wird, die seither mühsam erzielt worden sind.

Der IWF listet aber auch eine Reihe von möglichen Maßnahmen auf, die geeignet sind, um diese negativen Entwicklungen wieder zurückzudrehen. Dazu gehören u.a. Programme für wirtschaftlichen Aufbau und soziale Unterstützung, Schuldenerlasse seitens der westlichen Welt, gezielte Investitionen in Bildung und die Umschulung von beschäftigungslos gewordenen Arbeitern sowie digitale finanzielle Inklusion, die einkommensschwachen Haushalten und Mikrounternehmen Zugang zu digitalen Finanzdienstleistungen eröffnet.

Die Gegenmittel sind also da – sie müssen nur ergriffen werden!

 

22.02.2021

Autor: Moritz Isenmann

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